Januar 14, 2017

Krisenkommunikation? Dafür brauchen Sie Empathie

krisenkommunikation

Fehler passieren. Fehler sind menschlich. Und meistens ist es auch nicht schlimm, wenn man einen Fehler begeht. Die meisten unserer Fehler fallen niemandem außer uns auf. Manchmal machen sie uns sogar sympathisch. Hin und wieder aber kommt es aber auch vor, dass Fehler gravierende Schäden verursachen. Spätestens dann kann solch ein Fehlverhalten auch Ihre Reputation schädigen, so dass gute Krisenkommunikation notwendig ist. In einem solchen Fall brauchen Sie vor allem Empathie.

Vor wenigen Wochen war ich mit meinem neuen Auto in der Stadt unterwegs. Ich hatte gerade eine vielversprechende Idee für einen Auftraggeber entwickelt und war wahrscheinlich nicht wirklich auf den Verkehr fokussiert. Ich parkte und öffnete relativ sorglos meine Tür. Einige Momente später höre ich einen Knall und sehe, wie ein Fahrradfahrer auf der Straße liegt. Er hatte meine Tür nicht gesehen und ist an ihr hängengeblieben. Der Aufprall muss offensichtlich sehr schmerzhaft gewesen sein, jedenfalls krümmte er sich und schrie. Wie aus dem Nichts trat ein Mann neben mich und meinte, er hätte genau gesehen, dass meine Tür lange offen stand und er als Zeuge für mich aussagen würde. Ich war zugegeben noch im Schock. Und ausnahmsweise sprachlos. Und für einen Moment auch wirklich sauer: mein neues Auto hat nun einen – wenn auch winzigen – Kratzer in der Tür. Und dann sah ich wieder den Fahrradfahrer. Und sein nicht mehr fahrtüchtiges, völlig verbeultes Fahrrad. Ihn leidend. „Es tut mir so leid. Kann ich irgendwas für Sie tun? Soll ich einen Arzt rufen“, kamen die Worte aus mir. „Sie können doch gar nichts für. Da ist er selbst schuld. Wo hat er denn seine Augen“, meinte der potentielle Zeuge. Und ich weiß noch, dass ich meinte, dass es nun ok sei und wir den Fall ohne ihn lösen werden und schickte ihn weg. Ich half dem Fahrradfahrer hoch, und als wir feststellten, dass er sich nichts gebrochen hatte, meinte ich zu ihm: „Hören Sie, ich habe eine Haftpflichtversicherung. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich schuld bin. Ich kann Sie gerne zum Arzt fahren. Es tut mir so leid. Ich war nicht bei der Sache. Ich bitte Sie um Entschuldigung“ Er erwiderte: „Ich auch nicht. Ich glaube nicht, dass Sie schuld sind. Und ehrlich gesagt ist es auch egal. Es ist mir ja nicht wirklich was passiert. Das Fahrrad muss eh weg. Bald ist Weihnachten, jetzt habe ich mal etwas, was ich mir wünschen kann.“

Man bittet um Entschuldigung

Was ist passiert? Jemand, der Fahrradfahrer, ist offensichtlich zu Schaden gekommen. Wahrscheinlich trägt er mindestens eine Teilschuld an seinem Schaden. Je nach Auslegung des Sachverhalts könnte das Ganze für ihn, aber auch für mich blöd enden. Schließlich war ich auch abgelenkt und habe nicht in den Rückspiegel geschaut, als ich die Tür öffnete. Natürlich hätte ich, zumal sich ein Zeuge anbot, auf meinem „Recht“ bestehen können. Andererseits war ich so geschockt, jemanden durch mein Handeln verletzt zu haben, dass ich für eine logische Sekunde dachte: Wie fühlt sich der Fahrradfahrer jetzt? Und eben dieser Gedanke lies nur einen Schluss zu: Ich bitte um Entschuldigung.

Krisenkommunikation in vier Schritten

Aus kommunikativer Sicht ist folgendes passiert: Ein nicht ganz klarer Sachverhalt. Mindestens eine Partei hat einen Fehler begangen. Und im Sinne einer erfolgreichen Krisenkommunikation habe ich a. die Situation analysiert, sie b. aus der Opfer-Perspektive (des Fahrradfahrers) empathisch beurteilt, c. meinen Fehler erkannt und d. glaubwürdig um Entschuldigung gebeten. Resultat: Die Krise konnte innerhalb weniger Minuten gelöst werden. Wir tauschten Nummern (für den Fall der Fälle und wegen meines Kratzers in der Tür) aus, ich bestellte dem Fahrradfahrer ein Taxi, das ihn nach Hause brachte – und das war’s.

Die meisten Krisen werden auch deswegen zu einer Kommunikationskrise, weil der Schädigende seine Schuld nicht eingestehen oder nicht glaubwürdig um Entschuldigung bitten möchte.

Es ist nicht allzu lange her, dass ich mit einem potenziellen Neukunden zusammensaß. Dieser befand sich zu dem Zeitpunkt in einer für jedermann offensichtlichen Krise, weil er seine Kunden mindestens grob fahrlässig getäuscht hatte. Der Sachverhalt ließ keine zwei Meinungen zu. Jedoch führte der kommunikative Umgang mit der Krise dazu, dass diese exponentiell anwuchs und den potenziellen Auftraggeber derart unter Druck setzte, dass er bei mir Hilfe suchte: „Klar wissen wir, was wir falsch gemacht haben. Aber wir haben uns jetzt vier Mal entschuldigt. Es muss doch auch irgendwann reichen.“ Und da wusste ich, dass dieser Fall schwierig werden würde. „Wie würden Sie reagieren, wenn Ihr Ehepartner Sie betrügen würde? Über einen längeren Zeitraum. Und dann, wenn Sie es rausbekommen, würde er sich mit Ihnen hinsetzen und sagen: Schau, das war jetzt blöd. Und es tut mir leid. Und ich entschuldige mich. Würden Sie ihm verzeihen?“, fragte ich. „Das weiß ich nicht. Vielleicht. Aber nicht sofort.“ – „Eben. Er müsste ihr Vertrauen zurückgewinnen.“ – „Genau.“ – „Und wäre es nicht besser, wenn er sich mit ihnen hinsetzen und das Folgende sagen würde: Es tut mir so unendlich leid, was passiert ist. Ich weiß, dass das ein kaum zu verzeihender Fehler ist. Ich bin mir bewusst, dass ich Dir wehgetan habe – und es tut mir unendlich leid. Bitte, bitte, kannst Du mir verzeihen?“ – „Ganz sicher würde ich ihm nicht sofort verzeihen, aber es fühlt sich ein wenig anders an.“ – „Eben. Und genau aus diesem Grund müssen wir die Kommunikation mit ihren Kunden anders führen. Sie haben Ihre Kunden betrogen. Sie haben einen Fehler begangen. Sie müssen für Ihren Fehler geradestehen. Und Sie müssen alles dafür tun, um das Vertrauen Ihrer Kunden zurückgewinnen. Und erst wenn Sie das getan haben, dürfen Sie nicht erwarten, aber hoffen, dass Ihre Kunden Ihnen verzeihen und Sie entschuldigen werden.“

Viele Menschen denken, dass es in Ordnung ist, „sich zu entschuldigen“. Tatsächlich sieht aber die deutsche Sprache vor, dass man um Entschuldigung bittet und die Gegenpartei diese gewährt. Und solange das nicht passiert, ist ein Konflikt auch nicht gelöst.

Krisenkommunikation als Chance

Krisen sind unvermeidlich. Und manchmal sind sie im Fall einer guten Krisenkommunikation sogar heilend. Weil Unternehmen sehr viel über ihre Kunden und auch über sich selbst als Organisationen lernen. Wenn sie eintreten, ist eine Tugend ungemein wichtig: Empathie. Ohne das tiefe Verständnis (und manchmal auch das Mitgefühl) für die Opfer der Krise werden Sie Ihrem Arbeitgeber keinen Dienst erweisen. Und erst wenn Sie verstanden haben, wie das Problem entstehen konnte, haben Sie die Möglichkeit, sich hinzustellen, den Sachverhalt schonungslos zu erläutern und glaubwürdig Ihren Fehler einzugestehen. Viele Anwälte warnen vor solchen Schritten, weil eventuelle Reparationszahlungen mit einem solchen Verhalten einhergehen können. Das ist durchaus richtig. Gleichwohl ist der materielle Schaden, den ein falsches Kommunikationsverhalten nach sich zieht, fast immer ungleich höher, weil Vertrauen die Basis für eine intakte Kundenbeziehung ist.

Gewinnen Sie das Vertrauen Ihrer Kunden zurück, indem Sie die Fehler transparent auflösen und nicht müde werden, Ihre Kunden um Entschuldigung zu bitten. Und erst wenn sie Ihnen diese gewähren, ist Ihre Krisenkommunikation aufgegangen und Sie haben das Problem gelöst. Nachhaltig. Und mit einer echten Aussicht auf eine zweite Chance.

Zusammenfassung

Ist Krisenkommunikation angebracht, sollten Ihnen diese vier Schritte als Orientierung dienen:

  1. Analysieren Sie die Situation.
  2. Versetzen Sie sich empathisch in die Rolle des Opfers und spüren Sie seinen Schmerz und seine Wut.
  3. Erkennen Sie Ihren Fehler.
  4. Bitten Sie glaubwürdig um Entschuldigung.

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