August 19, 2015

Wie wichtig ist die Pressemitteilung heute noch? (Teil II)

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Vor ein paar Woche habe ich unter meinen PR-Kollegen nachfragt, welche Bedeutung das Instrument Pressemitteilung heute noch für sie hat. Es waren sehr vielfältige und sehr unterschiedliche Antworten dabei: So gibt es PRler, die nicht daran glauben, dass die Pressemitteilung heute noch eine Daseinsberechtigung hat, und auch solche, die meinen, dass die Pressemitteilung so relevant ist wie eh und je. Fast noch wichtiger als die Einschätzung aus der Unternehmenskommunikation ist die Meinung der Journalisten. Schließlich sind sie unsere Zielgruppe und auch die Empfänger aller Pressemitteilungen. Halten sie den Aussand für überflüssig, ist jedes Investment in die Pressemitteilung verlorene Zeit und somit überflüssig. Benötigen sie sie aber für ihre Arbeit, macht es Sinn, sich eben nicht nur um seinen twitter- und facebook-Account zu kümmern, sondern auch Mühe und Arbeit in das Verfassen und Versenden der Pressemitteilung zu investieren.

Dr. Holger Schmidt

Chefkorrespondent Focus Magazin

Holger Schmidt

Holger Schmidt

Entscheidend ist doch der Inhalt – und nicht der Weg, auf dem er mich erreicht (Okay, digital sollte der Weg schon sein; Pressemitteilungen per Brief schickt mir glücklicherweise niemand mehr). Da ich den Großteil der öffentlichen Informationen per Twitter oder Facebook erhalte, aber dort nur wenigen Unternehmensaccounts folge, ist die gezielte Pressemitteilung per E-Mail für mich weiterhin relevant – wenn sie denn auch relevante Inhalte enthält. Da die Menge der Informationen, die ich als Journalist verarbeiten muss, stetig steigt, wären weniger Mitteilungen mit besserem Inhalt mal ein Fortschritt. Denn trotz des umwälzenden Medienwandels der vergangenen Jahre ist der Anteil der irrelevanten (und daher auch ungelesenen) PR-E-Mails leider nicht kleiner geworden.

Olaf Kolbrück

Redaktionsleiter etailment

Olaf Kolbrück

Olaf Kolbrück

So um 2007 herum prophezeite ein bloggender PR-Berater den baldigen Tod der E-Mail. Das war übertrieben. Die E-Mail, so nervig sie sein kann, ist immer noch quicklebendig. Auch für Pressemitteilungen. Das wird auch noch sehr lange so bleiben. Twitter und Co, das sind eher die Kanäle für den raschen, direkten Kontakt, für die Themensuche und den schnellen Themen-Pitch. Die Pressemitteilung bietet Nachrichten (Texte und Fotos) auf einen Blick ohne lästige weitere Klicks. Damit bleibt sie das geschnitten Brot der PR. Social Media ist der Brotaufstrich. Wer die Pressemitteilung für tot erklärt, der versteht entweder seine Zielgruppe (Journalisten) nicht, oder er weiß schlicht nicht, wie gute Pressemitteilungen heutzutage aussehen müssen. Eins nämlich stimmt: Die langweilige, faktenarme, irrelevante, technisch und inhaltlich schlecht aufbereitete Pressemitteilung ist tot. Das war sie aber immer. Sie wird nicht besser, wenn man sie in einen Unternehmensblog stellt, per Twitter oder als Klickibunti via Instagram oder Youtube verteilt. PR sollte für Journalisten kein Storytelling machen, sondern Aufhänger für Storys bieten.

Julia Finger

Lifestyle-Redakteurin Bild.de

Julia Finger

Julia Finger

Die klassische Pressemitteilung ist das überflüssigste Tool in der Zusammenarbeit zwischen Journalist und PR-Berater. Diese Wahrheit muss allerdings niemandem weh tun. Über soziale Medien schwemmen alle wichtigen Informationen in leicht verdaulichem Format auf mein Endgerät. Das reicht, um potentielle Geschichten zu erkennen und mit Recherche und Kommunikation zu beginnen.
Um sicher zu sein, dass mich eine News erreicht hat, bedarf es bloß einer Mail mit PDF-Factsheet. Eine Pressemitteilung in Form eines mehrseitigen Briefs landet hingegen ungeöffnet im Müll.
Völlig sinnlos sind Mitteilungen mit Rücksendebogen („Bitte per Fax“), auf dem z.B. angekreuzt werden kann, mit welchem Buchautoren man ein Interview führen will. Geht seit Jahrzehnten leichter: Mail oder Anruf beim Verlag – Angelegenheit geklärt.

Heike Scholz

Gründerin mobile zeitgeist

Heike Scholz

Heike Scholz

Die schiere Anzahl der täglich verschickten Pressemeldungen, die eher selten vorhandene interessante Information darin und die ebenso häufig suboptimale Umsetzung bei Rechtschreibung, Stil und Umfang führen zwangsläufig dazu, dass sie nicht auf viel Gegenliebe in den Redaktionen treffen. Heute ist die Pressemeldung noch das vorherrschende Mittel, um Unternehmensinformationen an die Presse zu übermitteln. Zukünftig müssen individuelle Wege gefunden werden, die Aufmerksamkeit der Schreibenden zu gewinnen. Auch hier ist die anonyme Massenkommunikation – was die meisten Pressemeldungen schlicht sind – am Ende. Weniger (und besser) ist mehr.

Stephan Dörner

Tech-Reporter WeltN24

Stephan Dörner

Stephan Dörner

Die Bedeutung der Pressemeldung ist für mich im Laufe der Jahre exakt gleich groß geblieben: Abgesehen von wirklichen Breaking News al la Adhoc-pflichtiger Mitteilungen von börsennotierten Unternehmen sind Pressemitteilungen für mich komplett uninteressant.
Egal ob neue Investitionsrunden, ein neuer CFO, ein neues Produkt oder irgendeine Auszeichnung – das alles interessiert Journalisten einfach nicht, abgesehen vielleicht von Branchendiensten, die wirklich jede kleine News vermelden. Pressemitteilungen sollten sich auf die wenigen Ereignisse konzentrieren, bei denen es wirklich Breaking News zu verkünden gibt: Übernahme durch Microsoft? Milliardenbewertung? Dann her mit der PM.
Bei allem anderen: Persönliche Ansprache, persönliches auf den Journalisten oder das Medium zugeschnittenes Thema. Da steht Aufwand und Ertrag für alle Seiten in einem besseren Verhältnis.

Alexander Hüsing

Chefredakteur Deutsche Startups

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing

Pressemitteilungen sind für uns nur das Grundrauschen, der täglichen Arbeit. Pressemitteilungen füllen mein Postfach Tag für Tag aufs Neue. Oft sind Pressemitteilungen aber auch nur noch der Anhang unter einer persönlichen Mail, also wirklich persönlichen Mails mit individuellem Text etc, die uns Gründer oder PR-Verantwortliche aus Start-ups schicken. Oft ist es so, dass einige Pressemitteilungen vier oder fünfmal in mein Postfach flattern – etwa bei Beteiligungen, wenn alle Investoren einzeln ihren Einstieg verkünden. Da wünsche ich mir manchmal mehr Absprachen. Pressemitteilungen sind nicht tot, aber nur noch Beiwerk in der persönlichen Kommunikation.

Franziska Bluhm

Chefredakteurin Wirtschaftswoche Online

Franziska Bluhm

Franziska Bluhm

Eigentlich müllen Pressemitteilungen mein Postfach voll. Weil ich zu viele bekomme. Zu viele, die mich nicht interessieren, aber irgendwelche PRler mal irgendwann entschieden haben, was mich zu interessieren hat. Von diesen Verteilern wieder herunterzukommen, kostet Zeit und die investiere ich zu selten. Genau diese Pressemitteilungen sorgen dafür, dass das Image an sich leidet. Weil sie zu zuviel Irrelevanz in meinem Postfach sorgen. Am nützlichsten sind Pressemitteilungen in einer Vorabversion mit der Gelegenheit die letzten Fragen für einen Artikel in einem persönlichen Gespräch klären zu können. Und bei wirklich relevanten News für die Fakten in der Anfangsrecherche. Nur scheinen viele PRler oft den Sinn für Relevanz verloren zu haben.

Frank Zimmer

Redaktionsleiter W&V Online

Frank Zimmer

Frank Zimmer

Die klassische Pressemitteilung ist wie der Journalismus von gestern: Sie will die absolute Wahrheit sein, duldet keinen Widerspruch und interessiert viel weniger Leute, als ihre Autoren glauben. Nach meinem Eindruck stecken Unternehmen und PR-Agenturen viel zu viel Aufwand in Pressemitteilungen. Wahrscheinlich, weil sie den noch höheren Aufwand scheuen, sich kontinuierlich mit Journalisten, Bloggern und anderen Influencern auszutauschen. Was aber weitaus mehr bringen würde. Ehrlich gesagt, halte ich viele Pressemitteilungen für rausgeschmissenes Geld. Man sollte sie nur formulieren (lassen), um relevante Informationen zu dokumentieren.